Weddinger Bauten


Schwedenstraße 14-15:
Vom Pferdebahnhof zur Wurstfabrik

Das ehemalige Stall- und Bureaugebäude der Allgemeinen Berliner Omnibus Actiengesellschaft wurde 1907 von Baurat Ahrens erbaut. Das Grundstück selbst liegt in einem der ältesten Siedlungsgebiete des Wedding, der "Colonie Luisenbad". 1860/61 erhielt die Straße erst ihren heutigen Namen, bis dahin hieß sie Wollstraße und war Teil der Verbindungsachse Berlin - Rosenthaler Tor - Reinickendorf.

Die Grundstücke entlang der Wollstraße waren mit den damals für die Gegend typischen eingeschossigen, kleinen Wohnhäusern mit tiefen Dächern bebaut. Rings um die Häuser befanden sich Gemüsegärten und Obstbaumplantagen. Wie aus noch vorhandenen Bauakten hervorgeht, entstanden 1839 ein Wohnhaus auf den Grundstück Wollstraße 15 und 1841 ein weiteres auf dem Nachbargelände Wollstraße 14.

Der Charakter am Luisenbad veränderte sich einschneidend nach der Eingemeindung des Wedding nach Berlin 1860/61. Das bis dahin noch mittelalterlich geprägte Berlin, wuchs mit den Anfängen der Industrialisierung und dehnte sich schnell bis in die Vororte aus. Die Acker im Wedding wurden zu Bauland für die Mietskasernen.

Für die Funktion „on der Stadt war der Ausbau eines Personennahverkehrssystems von erheblicher Bedeutung. So wurde innerhalb weniger Jahre die Innenstadt schienengebunden und ab 1902 elektrifiziert versorgt und die Randbezirke mit Pferdeomnibussen erschlossen. Von Berlin Mitte zur “Colonie Luisenbad” fuhr ab 1873 die Linie Nr. 1 der Pferdebahn. Die Endstation war in der Badstraße auf der »Pankinsel«. Ab 1906/7 erfolgte dann der Verkehrsverbund mit Pferdeomnibussen nach draußen, und hierfür war der Bau eines weiteren Pferdebahnhofes in unmittelbarer Nähe notwendig.

Die Allgemeine Berliner Omnibus Actiengesellschaft erwarb 1906 die beiden Grundstücke Schwedenstraße 14 und 15, riß die vorhandenen Gebäude ab und stellte am 14. Mai 1907 einen Bauantrag für den Neubau eines Stall- und Bureaugebäudes. Am 17. Juli wurde die Baugenehmigung erteilt und der 105 m lange und 47 m tiefe 2-geschossige Pferdebahnhof noch im gleichen Jahr gebaut. Im Erdgeschoß befanden sich der Krankenstall, die Schmiede, eine Werkstatt und die Hallen für die Wagen. Im Obergeschoß, über Rampen erschlosssen, die Pferdeställe, darüber das Heulager. Das dazugehörige Wohnhaus Schwedenstraße 14-15 mit einer Gastwirtschaft im Erdgeschoß wurde ein Jahr später, 1908/9, errichtet.

Wie aus den Bauakten hervorgeht, sollte 1928 der Pferdebahnhof wieder abgerissen werden. Die Gebrüder Schunke, in Berlin damals als Großgaragenbesitzer bekannt, wollten auf dem Grundstück einen Garagenhof für 71 Fahrzeuge errichten. Die Nachbarn befürchteten erhebliche Lärm und Geruchsbelästigungen durch den Betrieb und erhoben massiven Einspruch. Nur weil die Baugenehmigung mit so erheblichen Auflagen erteilt wurde, wie dem Verbot des Laufen lassen der Motoren, dem Fahren der Autos und dem Hupen, ließen die Brüder von dem Objekt.

1936 übernahm der Bezirksbürgermeister von Wedding für kurze Zeit das Grundstück und vermietete die Räume an einzelne Gewerbebetriebe. Danach ging es an einen privaten Eigentümer über und ist bis heute im privaten Besitz.

Seit 1985 liegt der Pferdebahnhof in einem Sanierungsgebiet, in dem behutsame Stadterneuerungsmaßmahmen durchgeführt werden. Zur Verbesserung der Wohnqualität ist beabsichtigt, im Blockinnenbereich eine öffentliche Grünfläche mit Kindertagesstätte zu errichten, und die Instandsetzung und Modernisierung der Wohngebäude soll folgen. Mit den ersten Maßnahmen wurde bereits an der Ecke Bad-/Exerzierstraße begonnen.

Um das weitgehend unbekannte Gebäude der Weddinger Bevölkerung vorzustellen, wurde das Julibäum der 125-jährigen Eingemeindung des Wedding nach Berlin in den Räumen der Wurstfabrik „Urland“, im Pferdebahnhof, am 3. März 1985 gefeiert.

Karen Albert-Hermann