Panke-Postille Nr. 23/2004

Namenspatrone Weddinger Straßen (2):
Adolf Bastian - der größte deutsche Indonesienforscher

von Hans Berg

Erste Anfänge der Beziehungen Berlins zu Indonesien wurden bereits unter dem Großen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm von Brandenburg, er lebte von 1620-1688, geknüpft. War doch seine erste Frau, Luise Henriette von Oranien, eine Tochter von Morits von Nassau und somit Enkelin von Wilhelm von Oranien (woran z.b. noch der Name der nördlich von Berlin gelegenen Stadt Oranienburg erinnert). Für seine Kuriositätenkammer im Berliner Schloß ließ der Kurfürst durch seinen Beauftragten im damaligen Batavia, Pohlemann, eine nicht unerhebliche Sammlung von Ethnographica erwerben, sowohl aus Java (z.B. Krisse, Wayangmasken etc.) aber auch von anderen Inseln des Archipels.

So war diese Kuriositätenkammer folgerichtig eine Vorgängerin heutiger Völkerkundemuseen und bei der Gründung hier in Berlin übernahm Adolf Bastian diese Objekte, die z.T. noch heute in Dahlem zu besichtigen sind.

(...)

Seine zweifellos größte Leistung war die 1873 erfolgte Gründung des Berliner Völkerkundemuseums (heute Ethnologisches Museum) das größte und bedeutenste seiner Art in Deutschland; zuerst an der Prinz-Albrecht- Ecke Stresemann-Straße, nach 1945 vollständig in Dahlem. Viele der ethnographischen Sammlungen in Dahlem wurden auf seinen Reisen vor Ort durch Adolf Bastian erworben.

Seine zahlreichen Publikationen (insbesondere seine umfassende Werke über Indonesien) und wissenschaftlichen Thesen sind für Experten wie für Laien von hoher Relevanz und großem Interesse.

Geboren im hanseatischen Bremen am 26. Juni 1826 als Sohn eines angesehenen Kaufmanns, folgte nach seiner Schulzeit an fünf Universitäten (Heidelberg, Berlin, Jena, Würzberg und Prag), wobei er sich durch großen Lerneifer, Fleiß und hohe Begabungen auszeichnete.

Er promovierte im Jahre 1850 als Doktor der Medizin und bereits ein Jahr später, 1851, trat er - fünfundzwanzigjährig - als Schiffarzt eine achtjährige Weltreise an, die ihn zunächst nach Australien und dann nach Peru, Mexiko, Mesoamerika, China, Hinter- und Vorderindien, Afrika, sowie nach Arabien brachte. Hierbei entwickelte er bereits sein großes Interesse für Völker und Kulturen der bereisten Länder.

Bereits 1861 und 1865 unternahm Bastian seine zweite große Reise, die ihn diesmal nach Indien, Burma; Thailand; Kambodscha, Vietnam, Indonesien, den Philippinen, China, der Mongolei und dem Kaukasus führte. Bis zum Jahre 1868 fehlte in Berlin, trotz der Aktivitäten A. v. Humboldts als des Nestors der Wissenschaften, jeder Mittelpunkt für die Förderung der damals “neuen Wissenschaft von Menschen” wie es ihn in anderen Städten, so z.B. in Paris oder London gab, was natürlich auf die kolonialen Aktivitäten dieser Länder zurückzuführen war.

Durch die Initiative Bastians konstituierte isch dann am 17. November 1869 in Berlin die “Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte”. Zum Vorsitzenden wurde der mit Bastian befreundete Mediziner Rudolf Virchow gewählt; Bastian und Alexander Braun übernahmen die Posten des Stellvertreters.

Im selben Jahr in der die Gründung des Völkerkundemuseums erfolgte (1873) unternahm Bastian seine dritte Reise, die ihn diesmal nach Ägypten, dem Sudan, Äthiopien, der arabischen Halbinsel, den Seychellen, Mauritius und Südafrika. Von Südafrika ausgehend erfolgte eine besonders gefahrvolle, strapaziöse Forschungsreise in bis dahin unbekannte Gebiete im Innern Zentral- und Westafrikas, auf dem Rückweg bereiste er noch Portugal und Spanien, sowie noch im gleichen Jahr die Türkei, Rußland, Norwegen und Schweden.

Auf seiner vierten Reise besuchte er in den Jahren 1875-76 die altamerikanischen Hochkulturen der Inkas, Mayas und Azteken in Südund Mesoamerika, durchquerte danach Nordamerika von West nach Ost und bereiste anschließend noch die Antillen. Von dieser Reise brachte er einzigartige ethnographische und archäologische Sammlungen mit nach Berlin.

Seine fünfte Reise führte ihn 1878-80 von Persien über Indien, Assam und Indonesien (wo er besonders die Kulturen von Sulawesi und des Molukkenarchipels erforschte) ferner nach Neuseeland, dann durch die Inselwelt Poly nesiens, wo er insbesondere als Etymologe und Erforscher der Religionen der Südseevölker hervortat. Auf dem Rückweg besuchte er abermals Mexiko und die USA.

Am 18. Dezember 1886 erfolgte die feierliche Einweihung des Neubaus des Museums für Völkerkunde an der Prinz-Albrechtstraße in Berlin. Sein Forschungs- und Reisedrang hält Bastian nur nicht lange in Berlin.

1889-91 erfolgte seine sechste Reise die ihn diesmal ins russische Turkestan und dann nach Vorderasien führte, wo er sich besonders mit den Religionen des Buddhismus und des Dschainaismus beschäftigte. Im Anschluß reiste noch nach Ostafrika.

Am 28.6.1896 beging Bastian mit vielen Ehrungen überhäuft seinen 70. Geburtstag, inzwischen war er zum Professor und Geheimen Regierungsrat ernannt worden. Bereits im selben Jahr brach der rüstige Jubilar zu seiner siebenten Reise auf, die ihn diesmal für zwei Jahre nach Java und Bali in sein gebliebtes Indonesien führte. Schwer erkrankt kehrte er aus JAVA zurück. In Berlin kam es jedoch zu einer raschen Genesung.

1901-03 erfolgte seine achte Reise; diesmal ging es nach Sri Lanka, dem damaligen Ceylon, wo er sich wiederum mit dem Buddhismus beschäftigte.

Seine neunte und letzte Reise führte ihn 1903-1905 in das mit A. v. Humboldts Namen so untrennbar verbundene Westindien und Venezuela. Zuerst bereiste er Jamaika, Grenada, Trinidad und Venezuela; dann kehrte er abermals nach Trinidad zurück, wo er sich am 3. Februar 1905 nach kurzer Krankheit im Alter von 79 Jahren auf seiner allerletzte Reise begab, von der kein Weg zurückführt. In der Inselhauptstadt Port of Spain fand er seine letzte Ruhe.

Viele in- und ausländische Lexika und Biographien würdigten bereits zu Lebzeiten - was nicht zu häufig ist - seine Verdienste, bei denen Indonesien und seine Werke darüber besonders dominierten.

Am 11. März 1905 fand im Berliner Völkerkundemuseum eine feierliche Gedächtnisfeier für Adolf Bastian statt. Zahlreiche Redner würdigten seine Verdienste, die er sich vor allem auf seinen insgesamt 25 Jahre währenden Reisen in allen Erdteilen erworben hatte.

Auf dem Stahnsdorfer Südwestrtriedhof, wo auch andere um die Völkerkunde und insbesondere um Indonesien verdiente Persönlichkeiten bestattet wurden (z.B. der Forscher F.A. Jagow, der Forscher F.v. Richthofen, der 1905 die Totenehrung für Bastian hielt, und der Filmemacher F.W.Murnau) fand Bastian endgültig seine letzte Ruhe.

Sein Grab - ein Ehrengrab des Senats - befand sich bis Anfang 1995 noch in einem ungepflegten Zustand, dies hat sich jedoch inzwischen geändert; bereits nach Bastians Tod wurde eine Straße im Wedding nach ihm benannt.