Pankee-Postille Nr. 24/2004

Nachruf:

Horst Löwe

Am 7.8.2004 verstarb das Gründungsmitglied des Weddinger Heimatvereins Horst Löwe im Alter von 83 Jahren nach einem schweren Schlaganfall in einem Pflegeheim im Wedding, dem Stadtteil, dem er Zeit seines Lebens treu geblieben war.

Bekannt wurde Horst Löwe in Berlin hauptsächlich als stringenter und untadeliger Bezirksverordnetenvorsteher, der er im Wedding von 1963 bis 1965 und nochmals 1981 war. Bezirksverordneter war er von 1950 bis eben 1981.

In dieser Zeit des Aufbaus und der Wandlung in der Stadt, die sich z.B. im Wohnungsbau und später in der Sanierung im Wedding besonders zeigten, prägte er die Weddinger Kommunalpolitik. Immer wieder forderte er seine SPD-Fraktion. Besonders eindringlich formulierte er dies auf einer Klausurtagung der SPD-Bezirksverordnetenfraktion in der Lüneburger Heide: "Fragt vorher, was Ihr mit dem Antrag oder der Anfrage erreichen wollt; seid zielgerichtet ! Anfragen, um die Tagesordnung zu füllen, sind sinnlos."

Er konnte sich es auch als sein Verdienst zurechnen, dass eine Untersuchung der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in den achtziger Jahren die Arbeit der VV Wedding als herausragend und streng an der Verfassung und dem Bezirksverwaltungsgesetz orientiert lobte.

Horst Löwe stammte aus einer Arbeiterfamilie, die gleichzeitig Kultur und Bildung hoch schätzte. Der Vater war bis 1933 und dann wieder ab 1945 Betriebsratsvorsitzender und SPD-Mitglied seit 1919. Sein Vorbild prägte Horst Löwe, ebenso wie die Reformpädagogen in den Aufbauschulen des Wedding.

Als Lehrling war er einer von nur zwei Jungen, die nicht zur HJ gingen und als seine Werksfußballmannschaft in die HJ überführt wurde, trat er aus und verzichtete auf den geliebten Fußballsport.

Früh betätigte sich der junge Facharbeiter im Widerstand, wie Rainer Sandvoß in seinen Werken über den Widerstand sowohl im Wedding wie in Reinickendorf dokumentierte.

Auch als Soldat von 1942 bis 1945 bekam er Probleme, z.B. weil er französischen Kriegsgefangenen Brot zusteckte.

Bei Kriegsende kurzzeitig in Bayern tätig - wo er zum Kriegsende die Widerstandsgruppe um Dr. Hummel (Hummelfiguren) unterstützte, kam er 1946 nach Berlin zurück, wo er ein Studium an der Ingenieurschule Beuth begann und vollendete. Dass dort das erste Berliner Studentenparlament installiert wurde, erfüllte ihn noch im hohen Alter mit Stolz, zumal er dieses von 1946 bis 1947 leitete. Nach zwei kurzen Beschäftigungen u.a. im Arbeitsamt Wedding kam er dann 1950 zur Senatsverwaltung für Wirtschaft, die er 1983 als Regierungsdirektor und Referatsleiter in die Pension verließ. Industrieansiedlung aber auch die im kalten Krieg wichtige Notbevorratung waren u.a. seine Aufgaben.

Gleich nach seiner Rückkehr nach Berlin wurde Horst Löwe Mitglied der SPD. Bis zuletzt hat er immer wieder zahlreiche Ämter bekleidet, als Abteilungsvorsitzender, Landesparteitagsdelegierter usw., zuletzt als Vorsitzender der Kreisschiedskommission.

1948 verzichtete das junge Talent in der Weddinger SPD auf Wunsch des damaligen Kreisvorsitzenden Erich Lück auf die Kandidatur für die Bezirksverordnetenversammlung. Er sollte die Organisation leiten, falls im kalten Krieg West-Berlin "geschluckt" werden würde und die offiziellen Funktionäre verhaftet werden sollten. Nach dem Ende der Blockade kandidierte er dann 1950 und wurde die Stütze der BVV für 30 Jahre.

International trat er frühzeitig auf, so 1950 als Vertreter der Berliner Delegation - der einzigen deutschen - beim Pariser Jugendtreffen aber dann besonders auch ab 1963 beim Zustandekommen der Partnerschaft mit der Weddinger Partnerstadt Holon in Israel, zu der er institutionell wie persönlich sehr enge Beziehungen bis in seine letzten Tage pflegte.

Obwohl Horst Löwe in den achtziger Jahren Jüngeren freiwillig Platz machte, was in der Politik nicht üblich ist, mischte er sich doch ein und stellte zumeist sehr kritische Fragen. Gefürchtet, aber immer fair als Revisor unseres Weddinger Heimatvereins und im Weddinger Partnerschaftsverein. Auch hier hat er Maßstäbe gesetzt, die selbst Finanzämter erstaunten.

Mit Horst Löwe ist ein großer Weddinger von uns gegangen, der nie stets den nächst höheren Job erstrebte, sondern die ihm gestellten Aufgaben als Pflicht annahm, die es so gut zu machen galt, wie möglich. Dem Weddinger Heimatverein hat er nicht nur mit den kritischen Fragen eines Revisors unterstützt, sondern auch mit Anregungen für die Arbeit und mit zahlreichen Artikeln in den Jahrbüchern und insbesondere in dieser Panke-Postille, der Zeitung des Weddinger Heimatvereins.

Dies hat ihm zum Vorbild auch für die Jungen gemacht. Solche Vorbilder sind rar geworden in unserer Partei.

Wir werden Horst Löwe sehr vermissen.

Bernd Schimmler