Panke-Postille Nr. 19/2002

Jubilare im Wedding:
Gerd Löffler wurde 75 Jahre

Eine Betrachtung von Bernd Schimmler

Am 10. August 2002 wurde Gerd Löffler 75 Jahre alt. Er gehört zu jenen “Alt”-Genossen der Weddinger Sozialdemokratie, - das “alt” wird er übel nehmen (!), falls er so etwas überhaupt kann -, die mit all ihrer Kraft auch in schwierigen Zeiten versucht haben, die Berliner SPD auf Kurs zu halten und die Untiefen in der Politik zu umschiffen.

Hierzu war Gerd Löffler als ausgleichender, nachdenklicher, im wahrsten Sinne intellektueller Mensch besonders geeignet. Verunglimpfungen würden über seine Lippen nicht kommen. Und auch solche aus SPD-Genoss(inn)en-Mund würde er nicht gutheißen.

Gerd Löffler wurde 1927 in Xaverhof bei Lodz geboren. Nach dem Krieg wurde er wie alle Deutschen ins spätere Ostdeutschland vertrieben, wo er zunächst in Gera das Pädagogik-Studium aufnahm, 1948 die erste und 1949 die zweite Lehramtsprüfung bestand.

Seit Mai 1950 war er im Schuldienst m Thüringen tätig Dieses Land wurde nach dem Krieg zunächst auch von Sozialdemokraten regiert, soweit die Sowjets dies zuließen. Als führende Sozialdemokraten Thüringen verlassen mußten, ging er auch wie viele andere, z.B. der frühere Weddinger Wirtschaftsamtsleiter und nachmalige ehrenamtliche Leiter des Heimatmuseum, unser verstorbenes Vereinsmitglied Wolfgang Eckert. Gerd Löffler wurde 1951 in West-Berlin in den Schuldienst übernommen. Bald begann er berufsbegleitend am Otto Suhr-Institut der Freien Universität Politik und Neuere Geschichte zu studieren. Ursprünglich eher zu den Liberalen und zur Partei Gustav Heinemanns (vor dessen SPD-Beitritt) neigend, kam er 1958 zur SPD, noch bevor diese mit dem Godesberger Parteitag den Wechsel zur Volkspartei einleitete.

Sein fleißiges Engagement für die SPD führte ihn schnell zu einem Mandat im Abgeordnetenhaus, dem er seit 1963 angehörte. Wegen dieses Mandates mußte er auch den Schuldienst - aufgrund der damaligen Gesetzeslage als Landesbeamter verlassen und wurde 1964 (-1970) Leiter der Schöneberger Volkshochschule, die er maßgeblich prägte.

Von 1963 bis 1970 war er auch Mitglied des Fraktionsvorstandes der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, davon von'1967 bis 1970 als stellvertretender Vorsitzender. In dieser Zeit war er als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses für die Ereignisse um den 2. Juli, die Erschießung des Studenten Ohnesorg, ein begehrter Gesprächspartner für die studentische Jugend. Der Autor dieser Zeilen erinnert sich noch intensiv daran, wie sich junge Sozialdemokraten an der Juristischen Fakultät an ihn wandten, als sinnlose Streik oder Blockadeaktionen von linken Fundamentalisten drohten. Er war der einzige Ansprechpartner für die studentische Jugend, der nicht “von diesen Typen" (Klaus Schütz) sprach.

In dieser Zeit gehörte er insgesamt 30 Jahre der GEW an, von der er später als Schulsenator zur IG Bau überging, weil er Gewerkschaftler bleiben, aber die reine Klientelpolitik der GEW nicht mitmachen wollte. Der Arbeiterwohlfahrt gehörte Gerd Löffler seit 1962 an.

Seit 1968 Mitglied des Landesvorstandes der Berliner SPD wurde er 1970 Schulsenator und 1977 erhielt er das Ressort Wissenschaft und Kultur. Immer wieder mußte er - und tat dies auch in Pflichterfüllung - Positionen in der Berliner SPD einnehmen, die zwischen den Flügeln umstritten waren. So wurde er von 1977 bis 1979 Landesvorsitzender der Berliner SPD. Dies in einer schwierigen Zeit, in der viele Flügelkämpfer mehr an sich ihre Flügel, aber wenig an das Auftreten der Berliner SPD nach außen dachten. Diese Außenwirkung aber war ihm immer wichtig.

Seit Anfang der siebziger Jahre gehörte Gerd Löffler dem Kreisverband Wedding an, in der er in der Abteilung 17 (heute “im Brunneviertel" an der Brunnenstraße) nicht nur regelmäßig berichtete, sondern auch bald weitere Aufgaben auf Kreisebene übernahm, so als Kreisschriftführer als Nachfolger von Bernd Schimmler und Jörg Otto Spiller (auch hier die Pflicht annehmend). Von 1986 bis 1991 wurde er dann zum Kreisvorsitzenden der Weddinger SPD gewählt. In diese -seine- Zeit fiel auch die Integration der Flügel in der Weddinger SPD, die er gemeinsam mit dem früheren Kreissekretär Hans Nisblé, der ab 1986 Stadtrat und später Bürgermeister war, gestaltete. Zu dieser Integration hat sehr viel auch Gerd Löfflers intellektuelle Redlichkeit betgetragen.

Unterzukriegen war Gerd Löffler nie, und die Schnelligkeit, mit der er eine Hüftgelenksoperation wieder in eine Präsenz auf dem Tennisplatz umlenkte, zeigte seine Willenskraft, die auch mancher SPD-Vorständler unterschätzte, der Freundlichkeit und Offenheit bei Gerd Löffler mit Prinzipienlosigkeit verwechselte. Erst jüngst, aus Anlaß der Koalitionsbildung mit der PDS hat Gerd Löffler in einem Brief an den Landesvorsitzenden sehr deutlich Position bezogen (gegen die allgemeine Meinung) und aus seiner Ablehnung der Koalition mit der PDS keinen Hehl gemacht, so auch in einer Diskussion in seiner Abteilung an der Brunnenstraße.

Für seine Treue zur SPD erhielt er am 26.4. 1996 die sehr selten vergebene Karl-Leid-Medaille der Weddinger SPD.

Mit dieser Medaille werden herausragende Leistungen für die Sozialdemokratie im Wedding gewürdigt.

Seine Standhaftigkeit, Geradlinigkeit und Rechtschaffenheit hat er über 20 Jahre auch für seine Wähler im Wedding eingesetzt hoch geachtet auch beim politischen Gegner. Menschen dieser Statur vermissen wir heute oft m der Politik, wo die Medien (Fernsehen wie Presse) wegen der Auflagengröße erwarten, dass sich Politiker als Jedermanns Liebling` verkaufen (neuhochdeutsch: everybodies darling") und wenn sie es dann tun, genüßlich dieselben Politiker kritisieren, sie seien zu häufig in der Öffentlichkeit.

Obwohl kein originärer Weddinger, bliebt Gerd Löffler als Integrationsmedium (“so müssen Politiker sein") ein berlinsweites Beipiel - eines aus dem Wedding.